BILANZ: ERREICHTES

Mit dem Bürgerbegehren RADENTSCHEID FREISING
Erreichtes

Versuch einer Zwischenbilanz: Was konnte mit dem Vertrag erreicht werden zur Verbesserung der Bedingungen für Radfahrer:innen in Freising

Mit der Zustimmung des Stadtrates am 3. Februar 2022 zum Vertragsentwurf, der zwischen Vertretern der Stadt Freising und Vertreter:innen des Aktionsbündnisses ausgehandelt worden ist, wurde formell das Bürgerbegehren RADENTSCHEID FREISING abgeschlossen. Es wird zu keinem Bürgerentscheid kommen, sondern der Vertrag ersetzt diese Abstimmung. Dieser Schritt ist für uns Anlass, das mit dem Vertrag Erreichte Revue passieren zu lassen, um den über 4.000 Freisinger Bürger:innen, die unser Anliegen mit ihrer Unterschrift unterstützt haben, zu verdeutlichen, was sie bewirkt haben. Gleichzeitig soll allen Freisinger Radfahrer:innen veranschaulicht werden, welche Vorteile der ausgehandelte Vertrag für sie bedeutet. Auch in der jetzt kommenden Phase der Umsetzung wird das Team des Radentscheid Freising die Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen selbstverständlich aufmerksam beobachten, kommentieren und aktiv begleiten.

Zeichen 721 Grünpfeilschild mit Beschränkung auf den Radverkehr (StVO 2020)

1) Vertrag im Vergleich zur Abstimmung

Kommunale Bürgerbegehren dürfen in Bayern nur sehr allgemein formuliert werden. Es dürfen auch keine haushaltsrelevanten Forderungen (z. B. nach konkreten Maßnahmen für Fahrradwege) enthalten sein.

Im Falle eines offiziellen Bürgerentscheids mit einer Zustimmung zum Anliegen des Radentscheids wäre die Stadt Freising also nur verpflichtet worden, den allgemein gehaltenen Begehrenstext zu übernehmen. Gleichzeitig wäre die Stadt Freising nur für ein Jahr an die Ziele des Radentscheids gebunden gewesen. Rein theoretisch wäre also denkbar gewesen, dass die Stadt Freising nach Ablauf eines Jahres die Radverkehrsförderung wieder einstellt. Gleichzeitig ist klar, dass in nur einem Jahr zwar manche Markierungen von Fahrradstreifen oder Schutzstreifen oder Widmungen als Fahrradstraße erfolgen können, aber eben keine größeren baulichen Maßnahmen erfolgt wären. Diese haben eine sehr viel längere Vorlaufzeit. Diese für die Stadt Freising und den Radentscheid Freising gleichermaßen unbefriedigende Situation konnte durch den Vertrag vermieden werden.

a)  Eigenständiges Bekenntnis zur Förderung des Radverkehrs

Ein zentraler Unterschied und Vorteil zwischen dem jetzt geschlossenen Vertrag und einem formellen Radentscheid ist, dass sich die Stadt Freising eigenständig zur Förderung des Radverkehrs bekennt. Damit wird die Grundorientierung, die die Stadt Freising bereits im Mobilitätskonzept von 2019 festgelegt hat, nochmals bekräftigt und eben auch konkretisiert. Im Falle eines Entscheids wäre die Stadt durch den Willen der Bürger von außen verpflichtet worden, sich den Anliegen der Radfahrer:innen (und indirekt damit oftmals auch der Fußgänger:innen) zu widmen.

b)  Laufzeit 5 Jahre bis 2027

Im Gegensatz zu einem Entscheid, der nur ein Jahr bindet, hat der jetzt vereinbarte Vertrag eine Laufzeit von 5 Jahren bis 2027. Damit wird es möglich, Maßnahmen mit einer längeren Vorlaufzeit anzugehen. Dies bedeutet, dass zum Beispiel Bahnunterführungen für Fußgänger:innen und Radfahrer:innen weiter verfolgt werden können. Aber auch Maßnahmen, die bei der Erstellung von Bebauungsplänen (z. B. Klinikum, Feldfahrt, Lerchenfeld) die Durchlässigkeit von Gebieten sowie die Einfachheit der Radwegeführung erhöhen, sind jetzt mit enthalten. Dies wäre bei einer Laufzeit von einem Jahr nicht der Fall gewesen.

c)  Verhältnis Stadt-Radentscheid

Während es bei einem Entscheid während der Phase der Abstimmungskampagne zumindest scheinbar zu einer gewissen Konfrontation zwischen dem Radentscheid Freising und der Stadt gekommen wäre, konnte der Vertrag in einer konstruktiven und vertrauensvollen Atmosphäre ausgehandelt werden. Dies stellt eine wichtige und positive Basis für die nächsten 5 Jahre dar – auch wenn es sicherlich in dieser Zeit auch immer wieder zu unterschiedlichen Positionen kommen wird. Aber das Aufeinander zugehen, sich gegenseitig respektieren und bei unterschiedlichen Positionen sachorientiert und lösungsorientiert Kompromisse zu schließen, ist in der Phase der Verhandlungen eben ein erlerntes Verhaltensmuster geworden, das sicherlich für die nächsten 5 Jahre eine wichtige Basis darstellen kann.

d)  Runder Radltisch als Plattform für die Begleitung der Umsetzung

Die Stadt Freising ist im Februar 2021 von der der Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundliche Städte in Bayern (AGFK) als fahrradfreundliche Kommune zertifiziert worden. Die Zertifizierung erfordert eine formalisierte Plattform für den Austausch von zwischen Vertreter:innen der Stadtverwaltung, der Fraktionen, der Polizei und Organisationen der Zivilgesellschaft, die sich für Belange von Radfahrer:innen einsetzen. Im Vorfeld der Zertifizierung wurde daher der bereits seit mehreren Jahren bestehende sog. „Runde Radltisch“ formalisiert. Vier Aktive des Radentscheids wirken als Vertreter von Organisationen in diesem Gremium. Damit sind die Anliegen des Radentscheids Gremium gut repräsentiert. Im Vertrag kommt dem Runden Radltisch eine wichtige Rolle für die Begleitung der Umsetzung zu. Die Stadt wird dort die konkreten Planungen zu den Maßnahmen erläutern und zur Diskussion stellen. Damit ist eine Einbeziehung von Aktiven des Radentscheids bei der Planung aller Maßnahmen sichergestellt. Dies wäre bei einem Entscheid nicht notwendigerweise so gewesen.

2) Die Phase der Unterschriftensammlung als Katalysator – auch durch externe Ereignisse

Die Stadt Freising hat 2018 ein Mobilitätskonzept entwickeln lassen, das dann zum Jahresbeginn 2019 vom Stadtrat beschlossen worden ist. Das Bürgerbegehren Radentscheid Freising wurde zu Jahresbeginn 2020 gestartet, gestartet, um die Umsetzung zu fördern und weitere Akzente zu setzen. Durch das Radbegehren konnte auch das breite Interesse der Bevölkerung an einer Umsetzung untermauert werden. Um zu verhindern, dass das Mobilitätskonzept „in der Schublade landet“ und um einen klar sichtbaren Anstoß für den strukturierten Beginn einer Umsetzung zu geben, wurde der Radentscheid als parteiübergreifendes Aktionsbündnis der Zivilgesellschaft ins Leben gerufen.

Aus diesem Grund hat sich das Bürgerbegehren auch mit seinen Forderungen klar auf das im Mobilitätskonzept festgelegte Haupt- und Erschließungsnetz für Radfahrer:innen bezogen. Auch die im Vertrag vereinbarten Maßnahmen orientieren sich stark an diesem Netz.

Im Laufe der Vorbereitung und Durchführung der Unterschriftensammlung kam es zu mehreren, im folgenden dargestellten Ereignissen, die sich für das Begehren günstig ausgewirkt haben, die aber auch die Notwendigkeit einer stärkeren Förderung des Radverkehrs unterstrichen haben:

a)  Besetzung der Stelle eine Mobilitätsbeauftragten

Im Sommer 2020 wurde die Stelle eines Mobilitätsbeauftragten dauerhaft besetzt. Mit der Person von Dominik Fuchs hat die Stadtverwaltung Freising einen äußerst kompetenten und engagierten Mobilitätsmanager erhalten, der auch bereits auf erste gute Vorarbeiten der Klimaschutzmanagerin Marie Hünecke aufbauen kann.

b)  Anstehende AGFK-Zertifizierung

Die Stadt Freising hat bereits 2016 die Mitgliedschaft in der Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundliche Städte in Bayern (AGFK) beantragt. Nach der Beantragung erfolgt zunächst eine Aufstellung einer Aufgabenliste und vier Jahre später eine sog. „Hauptbereisung“, bei der die Gegebenheiten vor Ort entsprechend den Kriterien der AGFK überprüft werden. Bei einer positiven Begutachtung erfolgt die Zertifizierung und damit verbunden die Auszeichnung „Fahrradfreundliche Kommune in Bayern“ durch das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr.

Während der Unterschriftensammelphase des Radentscheids stand im Oktober 2020 diese sog. Hauptbereisung an. Davor wurden etliche Maßnahmen umgesetzt. Hierzu zählten z. B. die Ausweisung einer Fahrradstraße (Alte Poststraße) bzw. Fahrradzone (Schwabenau). Oder das Anbringen von – durch eine Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO) 2020 neu geschaffenen Verkehrszeichens – „Grünen Pfeilen“ für den Radverkehr an drei Ampelkreuzungen.

c)  Radfahren während Corona

Ganz unabhängig vom Radentscheid aber sicherlich als in mancher Hinsicht begünstigend waren die Folgen des Corona-Lockdowns und der Pandemiesituation. Dadurch wurden einerseits die Vorteile erlebbar, wenn weniger Kraftfahrzeuge unterwegs sind. Andererseits waren viele – auch als Alternative zum Öffentlichen Personennahverkehr mit seiner hohen Kontaktdichte und der persönlichen Nähe in den Bussen, U- und S-Bahnen – auf die Benutzung des Fahrrads umgestiegen. Relativ wenige Kfz auf den Straßen und deutlich mehr Radfahrende haben viele Großstädte – allen voran Paris – aber auch Berlin und München dazu veranlasst, sog. Pop-up-Bike-Lanes auszuweisen. Dies führte zu einer neuen Art der Planung, die hoffentlich in Zukunft weitere Verbreitung findet: nicht erst ewig planen und alles Eventualitäten in Kleinste abwägen, sondern Mut zu Provisorien. Mögliche Lösungsansätze einfach mal ausprobieren und sehen, ob sie funktionieren … oder manchmal eben nicht.

Auch Freising folgte diesen Beispielen, provisorische Lösungen einfach mal auszuprobieren, und schuf eine Pop-Bike-Lane in der Kammergasse (primär als nördliche Innenstadtumfahrung während der Baustellenphase).

d)  Tempo 30 Initiative des Deutschen Städtetags

Im Juli 2021 startete der Deutschen Städtetag die sog. Städteinitiative Tempo 30 für mehr Lebensqualität in Städten und Gemeinden. Der Deutsche Städtetag ist ein Zusammenschluss vor allem größerer Städte in Deutschland, um die Belange der Städte auf Bundesebene zu vertreten. Sein Anliegen: Aktuell darf – neben Tempo-30-Zonen in reinen Wohngebieten ohne Funktion für den Durchgangsverkehr – Tempo 30 nur direkt im Bereich von Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern und Altenheime ausgewiesen werden. Auch im Landkreis Freising scheiterten einige Kommunen wie z. B. Marzling oder Moosburg mit ihrem Wunsch der Ausweisung von Tempo-30-Straßen an dieser Hürde.

Die Initiative hat das Ziel, dass die Straßen sicherer für Fußgänger:innen und Radfahrer:innen werden, gleichzeitig auch der Straßenlärm für die Anwohner:innen reduziert wird und die Straßen nicht mehr nur monofunktional für den motorisierten Verkehr genutzt werden. Der öffentliche Raum soll wieder mehr zu einem multifunktionalen Ort für das Stadtleben werden. Der Deutsche Städtetag plädiert daher dafür, dass die Kommunen einen größeren Entscheidungsspielraum erhalten, um Tempo 30 dort anordnen zu können, wo sie es für notwendig erachten.

Im Koalitionsvertrag vom Herbst 2022 wurde formuliert, dass „Kommunen Entscheidungsspielräume zu eröffnen“ sind, so „dass neben der Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs die Ziele des Klima- und Umweltschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung berücksichtigt werden“ können. Zwar wurde die Initiative nicht direkt im Koalitionsvertrag benannt, gleichwohl zielen die Formulierungen auf die Städtetags-Initiative ab. Auch der Bundesverkehrsminister hat im Januar 2022 positiv auf die Initiative des Deutschen Städtetags reagiert und erklärt, er wolle es den Kommunen erleichtern, Tempo 30 einzuführen.

Die Initiative wird (Stand 31. Januar 2020) von 84 Städten unterstützt, darunter in Bayern von Augsburg, Bamberg, Coburg, Erlangen, Hof, Würzburg oder auch kleinerer Kommunen wie Neufahrn bei Freising, Miesbach, Pullach und Wolfratshausen.

Da also relativ wahrscheinlich ist, dass die Kommunen und damit auch die Stadt Freising mehr Gestaltungsspielraum bekommen, wurden im Vertrag Straßenzüge festgelegt, in denen Tempo 30 geprüft werden soll, sobald die entsprechenden Vorgaben neu gestaltet sind. Auf Antrag der ÖDP-Fraktion hat sich die Stadt Freising nach der Zustimmung zum Vertrag mit dem Radentscheid jetzt dazu entschlossen, die Initiative des Deutschen Städtetag auch zu unterstützen.

3) Vieles wurde mit dem ausgehandelten Vertrag erreicht

Mit dem Vertrag wurde eine Reihe von wichtigen ersten Schritten zur Verbesserung der Sicherheit und der durchgängigen Routengestaltung festgelegt. Hier sollen jetzt nicht die einzelnen Punkte nochmals aufgeführt werden, da diese auf anderen Seiten bereits dokumentiert sind, sondern sie sollen etwas grundsätzlicher eingeordnet werden.

a)  Bekenntnis der Stadt Freising

Es ist sehr zu begrüßen, dass sich die Stadt Freising zu einer intensiveren Förderung der nichtmotorisierten Mobilität bekennt. Sie soll im Sinne eines fairen Miteinanders aller Verkehrsteilnehmer:innen vorangebracht werden. Damit ist eine wichtige Grundlage geschaffen für ein fahrrad- und auch fußgängerfreundliches Klima in der Stadt. Dies ist über die konkret vereinbarten Maßnahmen und über die Laufzeit des Vertrages hinaus sehr positiv.

b)  Maßnahmen bis 2027

Bei den Maßnahmen zu Umsetzung bis 2027, ist einiges enthalten, das bereits – insbesondere seit dem Beginn der Tätigkeit des Mobilitätsbeauftragten – vorbereitet worden ist. Sonst wäre Manches so schnell nicht umsetzbar. In manchen Fällen sind es letztendlich teilweise auch Maßnahmen, die der Radentscheid früher schon als sog. Low Hanging Fruits“ bezeichnet hat oder die auf neudeutsch auch als „Quick Wins“ bezeichnet werden können.

Einzelne Maßnahmen können grundsätzlich nicht viel bewirken und könnten – isoliert betrachtet – daher kritisiert werden. Leitend bei allen vereinbarten Maßnahmen war daher, in Zusammenhängen zu denken. Selbst die „symbolische“ Widmung einer Nebenstraße zur Fahrradstraße trägt dazu bei, ein fahrradfreundlicheres Klima zu schaffen. Sie gibt das klare Signal, dass die Autos hier eben „zu Gast“ sind, wie es das entsprechende niederländische Verkehrsschild (auto te gast) ganz explizit formuliert, kann einerseits sicherlich mit dazu beitragen, dass sich Radfahrer:innen selbstbewusster auf diesen Strecken bewegen.

Die vereinbarte Markierung von Schutzstreifen oder Fahrradstreifen erhöht das Sicherheitsgefühl von Radfahrer:innen, sofern sie nicht als Parkstreifen für Kfz missbraucht werden. Gleichzeitig verbessert sich dadurch auch die Situation für Fußgänger:innen, denn sie werden zum Teil an Straßen ausgewiesen, die aktuell Gehwege mit dem Zusatzzeichen „Radfahrer frei“ haben (z. B. Prinz-Luitpold-Straße), oder bei denen die Gehwege, ohne dass dies erlaubt wäre, eben aus einem Unsicherheitsgefühl auf der Kfz-Fahrbahn heraus von Radfahrer:innen mit benutzt werden. Die Schaffung von Schutzstreifen und Fahrradstreifen kann damit auch Konflikte zwischen Fußgänger:innen und Radfahrer:innen reduzieren.

Im Vertrag ist eine respektable Zahl von Einzelmaßnahmen festgehalten, welche die Stadt Freising in den nächsten fünf Jahren umsetzen wird. Dennoch ist klar, dass auch danach noch weitere Lückenschlüsse für die Schaffung von durchgängig befahrbaren Radrouten notwendig sind.

c)  Planungen bis 2027

Wichtig ist auch, dass es sich bei vielen Maßnahmen, bei denen die Planungen begonnen oder weiter verfolgt werden um „dicke Bretter“ handelt, die bereits seit Jahren bzw. manchmal auch schon Jahrzehnten in der Diskussion oder Planung sind. Mit der Aufnahme insbesondere auch der Bahnunterführungen – allen voran der Verbindung von der Innenstadt nach Lerchenfeld am sog. ehemaligen Bahnposten 15“ – in den Vertrag wird sichergestellt, dass diese Maßnahmen intensiver und ergebnisorientiert angegangen werden.

In manchen Fällen (z. B. Fahrradstreifen am Wettersteinring bergaufwärts oder Ausweisung von Fahrradstraßen und –zonen) ist nicht auszuschließen, dass die eine Umsetzungen auch schon in den nächsten 5 Jahren erfolgen kann, je nachdem wie aufwändig sich die Planungen gestalten.

Wichtig erscheint auch, dass die Belange von Radfahrer:innen in einer Reihe von Bauleitplanungen (Klinikum, Feldfahrt, Obere Pfalzgrafstraße in Lerchenfeld oder Gute Änger) verankert worden sind. Damit besteht die zur Hoffnung, dass auch künftig bei Bebauungsplänen verstärkt auf die Erschließung und Durchlässigkeit für Radfahrer:innen (und oftmals ja auch gleichzeitig Fußgänger:innen) geachtet wird.

Wichtig ist auch, dass in manchen Ortsteilen (Hohenbachern, Tüntenhausen und Attaching) Verbesserungen geplant werden sollen – soweit entsprechende Straßen im Wirkungsbereich der Stadt Freising liegen.

d)  Maßnahmen in externer Zuständigkeit

Auch wenn die Aussichten auf eine Umsetzung schwierig einzuschätzen sind, ist es von großem Wert, dass die Stadt Freising bei Maßnahmen, die nicht in ihrer Zuständigkeit liegen (Staats- und Kreisstraßen bzw. Lückenschlüsse auf Grundstücken von anderen öffentlich-rechtlichen Eigentümern) sich aktiv bei den zuständigen Behörden und öffentlich-rechtlichen Eigentümern für eine Umsetzung einsetzen wird. Im Verlauf der Verhandlungen wurde erkennbar, dass es durchaus gewisse Aussichten gibt, dass z. B. entlang von Kreisstraßen das Landratsamt bereit sein könnte, hier tätig zu werden und straßenbegleitende Radwege damit nicht auf den „Sankt Nimmerleinstag“ verschoben bleiben.

4) Fazit

Mit dem Vertrag konnte aus Sicht der Aktiven des Radentscheids Freising insgesamt viel erreicht werden. Gleichzeitig ist klar, dass in den fünf Jahren bis 2027 nicht alles gelöst werden kann. Der Aufholprozess im Vergleich zu Städten wie Erlangen, die bereits in den 70er Jahren angefangen haben, das Fahrrad als gleichberechtigtes Verkehrsmittel ernst zu nehmen, wird sicherlich länger als bis 2027 dauern. Gleichzeitig zeigt das Beispiel von Paris, dass bei entsprechendem politischen Willen, das was in Kopenhagen oder Amsterdam über Jahrzehnte hinweg langsam aufgebaut worden ist, auch deutlich schneller erreicht werden kann.

Gleichzeitig sind erste Einstiegsschritte in Überlegungen für ein Parkraummanagement in Fahrradstraßen und Tempo-30-Zonen sowie in Überlegungen, dass an manchen Stellen auch einmal eine Einbahnstraßenregelung zur Reduzierung des Durchgangsschleichverkehrs in Quartieren überprüft werden könnte, im Vertrag mit enthalten. Auch der explizite Bezug zu den Regelmaßen der Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA) ist positiv zu bewerten. Werden bei der aktuell anstehenden Überarbeitung der ERA Anpassungen an den Regelmaßen vorgenommen, werden diese auch von der Stadt Freising übernommen. Und auch der – wenn auch etwas zögerliche – Einstieg in die neue (und bislang in seinen Wirkungen noch nicht voll erforschte) Fahrbahnmarkierung mit sog. „Sharrows“ zeigt, dass Freising innovative Gestaltungsansätze für Radverkehrsführungen verfolgen wird.

Gleichzeitig ist auch klar: der Vertrag stellt einen Kompromiss dar zwischen den idealtypischen Forderungen des Bürgerbegehrens und den rechtlichen, finanziellen, personellen, örtlichen Möglichkeiten der Stadt Freising und auch der „Mehrheitsfähigkeit“ im Stadtrat. Grundcharakter eines Kompromisses ist, dass beide Seiten aufeinander zugehen und sich verständigen. Wir bedanken uns bei den Verhandlungspartnern der Stadt Freising für deren Bereitschaft zum Gespräch, zu Konzessionen und Entgegenkommen und zum Beitrag vieler Ideen. Auch wenn niemals alles möglich ist, war der Verhandlungsprozess eine positive Erfahrung und das Ergebnis stimmt hoffnungsvoll. Auf der Basis dieser Bilanzierung werden die Vertreter:innen des Radentscheids Freising mit der Vertragsunterzeichnung auch den Antrag auf ein Bürgerbegehren zurückziehen.