Schutzstreifen und Radfahrstreifen als eigenständige Radverkehrsführung

 

„Der Mischverkehr von Radverkehr und Kfz-Verkehr ist die Standardsituation auf allen vom Kfz-Verkehr wenig belasteten Straßen mit niedrigen Geschwindigkeiten“

Mit diesem Zitat aus der ADFC-Broschüre: So geht Verkehrswende (S. 17) soll deutlich gemacht werden. Die gemeinsame Nutzung der Verkehrsflächen sollte eigentlich der Regelfall sein. Dies funktioniert z. B. in den sog. Tempo 30 Zonen, wenn die Geschwindigkeitsunterschiede zwischen Radfahrer:innen und Kfz nicvht sehr groß sind und gleichzeitig die Pkw-Frequenz nicht zu hoch ist.

Mischverkehr bei niedrigen Geschwindigkeiten und geringer Frequenz

Quelle: ADFC (2019): So geht Verkehrswende. 2019, S. 16

Letztendlich fast der Idealfall stellen in dieser Hinsicht die sog. „Verkehrsberuhigten Bereiche“ dar (StVO-Zeichen 325.1), die umgangssprachlich auch als Spielstraße bezeichnet werden. 

Hier sind alle am Verkehr teilnehmenden gleichberechtigt und es soll das Prinzip der gegenseitigen Achtsamkeit und des Miteinanders bei der gemeinsamen Nutzung der öffentlichen Flächen gelten (wobei in verkehrsberuhigten bereichen, sofern keine Parkierungsflächen markiert sind ein durchgängiges Parkverbot gilt).

In jüngerer Zeit wird dieses ursprünglich aus niederländischen Wohngebieten stammende Prinzip auch versucht wieder in die innerstädtischen Kernbereiche unter dem Begriff des „Shared Space“ diskutiert. Keine Trennung der einzelnen Verkehrsmittel, sondern behutsames Miteinander.

Zeichen 325.1: Beginn eines verkehrsberuhigten Bereichs (StVO 2009)

„Verkehrsberuhigter Bereich“ (StVO-Zeichen 325.1)

Das sog. Trennprinzip der unterschiedlichen am Verkehr teilnehmenden Verkehrsarten wurde eingeführt, weil die Dichte des motorisierten Verkehr und dessen Geschwindigkeit nicht mehr verträglich für das Mischprinzip war.

Die Forderung nach eigenständigen Führungen von Radfahrer:innen würde sich weitgehend erübrigen, wenn in deutschen Städten flächendeckend Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit eingeführt würde.  

In der nebenstehenden Graphik ist dargestellt (Bereich I) bis zu welcher Kfz-Frequenz Mischverkehr mit dem Fahrrad noch als verträglich angesehen wird.

Dabei wird deutlich je höher die erlaubte Regelgeschwindigkeit, desto schneller wird die Verträglichkeitsschwelle für den Mischverkehr überschritten. Bei Tempo 30 wird noch ein Tagespitzenwert von 800 Kfz/h als Mischverkehrsverträglich angesehen. Bei Tempo 50 sinkt dieser Schwellenwert auf 400 Kfz/h und bei Tempo 70 ist für den Mischverkehr nur noch ein Maximum von ca. 100 Kfz/h angemessen (darüber hinaus kein Mischverkehr mehr). 

Je weniger Kfz auf einer Straße unterwegs sind und je langsamer diese fahren, umso seltener sinn eigenständige Radverkehrsführungen notwendig. 

Angesichts von Tempo 50 als aktuelle Regelgeschwindigkeit auf innerörtlichen Straßen sowie Geschwindigkeiten von über 70 auf außerörtlichen Kreis, Staats- und Bundesstraßen werden in den Empfehlungen für die Anlage von Radverkehrsanlagen (ERA) entsprechend separate Radverkehrsführungen ausgewiesen.
Sind keine separaten Radwege neben der Fahrbahn (tw. auch als gemeinsame Geh-/Radwege) möglich, weil der Seitenraum zu begrenzt ist, gibt es im Wesentlichen zwei Formen der Markierung von Radverkehrsführungen im Straßenraum:
1) Radverkehrsstreifen
2) Schutzstreifen

Radverkehrsführung in Abhängigkeit von Geschindigkeit und Frequenz des motorisierten Verkehrs

LEGENDE: 
I: Mischen mit Kfz auf Fahrbahn
II Schutzstreifen, Gehweg + Rad frei, nicht benutzungspflichtiger Radweg, Kombinationen,
III und IV Radfahrstreifen, Radweg mit Benutzungspflicht


Quelle: Haase (2010): Radverkehrskonzeption und
Radverkehrsnetzplanung (in Anlehnung an ERA 2010, S. 19)

(Fahrrad-) Schutzstreifen

Würde nach Abmarkierung eines ausreichend breiten Radfahrstreifens nicht mehr genügend Platz bleiben, dass sich z. B. auch Busse begegnen können, dann wird oft ein sog. Schutzstreifen angewandt. 
Dieser sollte selbstverständlich zu besseren Erkennbarkeit entsprechend farblich markiert sein. 
Vom übrigen Fahrbahnbereich wird er durch eine gestrichelte Linien getrennt.  Grundprinzip des Schutzstreifens ist, dass Kfz bei der Begegnung kurzfristig und ohne Radfahrer:innen zu gefährden oder zu bedrängen auf den Schutzstreifen ausweichen dürfen (das kurzfristige Überfahren der gestrichelte Linie ist umgekehrt auch für Radfahrer:innen beim Überholen erlaubt).
Schutzstreifen sind keine Parkstreifen und auch keine Abbiegespuren (so wie das in Freising gelegentlich noch zu beobachten ist)

ADFC-Schutzstreifen

Schutzstreifen
Quelle: ADFC (2019): So geht Verkehrswende. 2018, S. 22

Radfahrstreifen

Bei hoher Kfz-Dichte und Geschwindigkeiten von 50 oder 60 km/h stellt der sog. Radfahrstreifen ein höheres Maß an Sicherheit dar. Diese ist (anders als der gemeinsame Geh- und Radweg auf dem Gehsteig) klar vom Gehsteig getrennt, da er sich auf der Fahrbahn  befindet. Auch Radfahrstreifen sollten zu besseren Erkennbarkeit (und um nicht mit Parkstreifen verwechselt zu werden farblich entsprechend markiert sein.
Sie sind mit einer durchgezogenen Linie von der übrigen Fahrbahn abmarkiert. 

Soll das Überholen auch von Lastenrädern möglich sein, sieht die ERA eine Breite der Radfahrstreifen von 2,30m vor. 
Wir hoffen, dass auch in Freising in den nächsten Jahren zügig die vorhandenen und neu zu schaffenden Radfahrstreifen entsprechend farblich markiert werden. 

Radfahrstreifen

Radfahrstreifen
Quelle: ADFC (2019): So geht Verkehrswende. 2018, S. 22

Geschützte Radfahrstreifen

Insbesondere auf Straßen mit einer hohen Dichte und viel Lkw-Verkehr werden in jüngerer Zeit sog. Geschützte Radfahrstreifen angelegt. Diese weisen noch einen Sicherheitsbereicht zur Fahrbahn auf und sind mit entsprechenden Barrieren von dieser getrennt. 
Abgesehen von einer separaten Radwegeführung neben bzw. abseits der Hauptverkehrsstraßen stellen geschütze Radfahrstreifen ein hohes Maß an Sicherheit für Radfahrer:innen her.
Aufgrund des Platzbedarfs ist die Anlage meist nur auf mehrspurigen Straßen durch Abmarkierung einer früheren Kfz-Spur umsetzbar. Daher wird diese Art der Radfahrstreifen vor allem in Großstädten angewandt.

Auch in Freising könnte auf der Mainburger Straße ein solcher Geschützer Radfahrstreifen angelegt werden.

ADFC-Geschützter-Radfahrstreifen

Geschützter Radfahrstreifen
Quelle: ADFC (2019): So geht Verkehrswende. 2018, S. 22